Brief aus dem Einwohnerrat Oktober 2025

Liebe Genossinnen und Genossen

Gerne berichte ich euch von der Oktober-Sitzung des Einwohnerrats. Es war eine spannende Sitzung mit vielen verschiedenen Themen und Voten.

Zu Beginn wurden die neuen Mitglieder des Einwohnerrats kurz vorgestellt: Oliver Britt von den Grünen, Thomas Grieder von der SP und Daniel Schwörer von der FDP.

Veloverkehr

 Nach der Verabschiedung des letzten Protokolls sowie der neuen Kommissionszuteilungen kam das Traktandum Veloverkehr zur Sprache.

Im Einwohnerrat haben wir das Postulat «Konzept Veloverkehr» behandelt. Damit wollte die Bau- und Planungskommission den Stadtrat beauftragen, eine kurz-, mittel- und langfristige Planung des Veloverkehrs in Liestal vorzulegen – insbesondere im Hinblick auf Parkraum, die Erschliessung des Zentrums und die Durchgangsachsen.

Der Stadtrat kommt in seinem Bericht zum Schluss, dass das bestehende Velonetz im Stadtzentrum bereits dicht genug sei und keine weiteren Anpassungen nötig seien. Bezüglich Abstellmöglichkeiten wurden in den letzten Jahren verschiedene Massnahmen umgesetzt: Am 1. Februar 2025 konnte die neue Velostation am Bahnhof eröffnet werden. Mit dem Abschluss der Bauarbeiten rund um den Vierspurausbau stehen nun genügend Veloparkplätze zur Verfügung.

Im Stadtzentrum gibt es zudem ein Netz von Gemeindestrassen, die mit dem Velo befahren werden können, sowie bereits einige Abstellplätze. Weitere Abstellmöglichkeiten sollen mit der Umgestaltung der Rosengasse und des Fischmarkts entstehen.

Gewässerraumausscheidung

 Seit 2011 gelten in der Schweiz neue gesetzliche Bestimmungen zum Gewässerschutz. Ziel ist es, unsere Flüsse, Bäche und Seen naturnaher zu gestalten und so mehrere wichtige Aufgaben zu erfüllen: die Biodiversität stärken, den Hochwasserschutz verbessern, die Trinkwasserversorgung sichern und nicht zuletzt die Naherholung fördern.

Damit dies gelingt, braucht es genügend Platz für die Gewässer. Deshalb muss entlang von Flüssen, Bächen und Seen ein sogenannter «Gewässerraum» ausgeschieden werden. Im Einwohnerrat ging es bei diesem Traktandum darum, die dafür notwendigen Zonenmutationen zu beschliessen.

Viele Gewässer in Liestal sind auf den ersten Blick nicht sichtbar, weil sie zugewachsen sind oder unter dem Asphalt verlaufen. Es wäre wünschenswert, hier für mehr Sichtbarkeit zu sorgen.

Da es sich um eine erste Lesung handelt, wird erst bei der zweiten Lesung über die Zustimmung abgestimmt.

Spitalstrasse

 Die Wasserleitung in der Spitalstrasse stammt aus dem Jahr 1931 und ist dringend sanierungsbedürftig. Deshalb soll sie ersetzt werden – künftig sorgt ein modernes Polyethylen-Rohr für eine sichere Versorgung. Auch die Abwasserleitung weist zahlreiche Schäden auf und wird mit einem Inlinerverfahren instandgesetzt. Ergänzt wird dies durch den Bau eines neuen Schachts, um den Durchfluss zu verbessern.

Neben den Werkleitungen ist auch die Strasse selbst in schlechtem Zustand: Flickstellen, Risse und abgesenkte Bereiche beeinträchtigen die Qualität. Damit die Arbeiten effizient und kostenschonend erfolgen, wird der Strassenbelag gleichzeitig erneuert und, wo nötig, auch das Fundament und die Randabschlüsse saniert.

Die Bauarbeiten wurden bereits ausgeschrieben, die Umsetzung ist für April bis September 2026 vorgesehen.
Vor der Genehmigung des entsprechenden Kredits wird das Vorhaben von der Bau- und Planungskommission begutachtet. Die entsprechende Überweisung wurde heute im Einwohnerrat beschlossen.

Industriestrasse

 Die Genossenschaft Elektra Baselland (EBL) plant den Bau einer neuen Fernwärmeleitung von Frenkendorf bis zur Heizzentrale an der Spitalstrasse in Liestal. Die Leitung wird durch die Unterfeldstrasse, die Bifangstrasse, die Industriestrasse und ein kurzes Stück der Schauenburgerstrasse geführt.

Im gleichen Perimeter liegen jedoch auch Trinkwasserleitungen aus den 1960er-Jahren, die mittlerweile bruchanfällig sind und bereits erste Schäden aufweisen. Damit nicht doppelt gebaut werden muss, sollen diese Leitungen im Rahmen des Fernwärmeprojekts gleich durch moderne Kunststoffrohre ersetzt werden.

Die Arbeiten – sowohl für den Fernwärmeanschluss wie auch für die Sanierung der Trinkwasserleitungen – wurden bereits ausgeschrieben und durch den Stadtrat, vorbehaltlich der Kreditgenehmigung im Einwohnerrat, vergeben. Die Umsetzung ist zwischen Frühjahr 2026 und Sommer 2027 geplant.

Problematisch ist die Bushaltestelle an der Industriestrasse: Sie soll nicht behinderten- und mobilitätsgerecht umgebaut werden – mit der Begründung, die Kosten seien zu hoch und der Umbau daher unverhältnismässig.

Wir von der SP kritisieren dieses Vorgehen entschieden. Barrierefreiheit ist ein gesetzlich verankertes Recht und darf nicht von finanziellen Abwägungen abhängig gemacht werden. Für Menschen mit Beeinträchtigungen geht es nicht um Komfort, sondern um die grundlegende Möglichkeit, selbstständig und gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilzunehmen.

Einsparungen dürfen nicht auf dem Rücken jener erfolgen, die ohnehin schon mit zusätzlichen Hürden im Alltag konfrontiert sind. Eine solidarische Stadtgesellschaft stellt sich dieser Verantwortung – auch an einer Bushaltestelle.

Der Kreditantrag wird an die Bau- und Planungskommission überwiesen. Wir hoffen, dass unser Votum bezüglich der Bushaltestelle ernstgenommen wird und entsprechende Korrekturen erfolgen, bevor wir über den Kreditantrag abstimmen.

Fragestunde

 In der Fragestunde des Einwohnerrats wurden insgesamt 13 Fragen beantwortet. Einige davon möchten wir hervorheben:

  • Parkleitsystem: Die Umsetzung verzögert sich weiter. Zwar sind die Verhandlungen mit den Grundstückbesitzenden abgeschlossen, aktuell laufen jedoch noch die Ausschreibungen. Zudem muss beim Kanton ein Gesuch für die Wegweisung gestellt werden. Erst danach können die Arbeiten starten.
  • Schulergänzende Betreuung: Es besteht aktuell kein offizieller Aufnahmestopp. Allerdings kann es aufgrund knapper Personalressourcen zu Wartelisten kommen. Erst wenn wieder genügend Kapazitäten frei werden, können zusätzliche Kinder aufgenommen werden.
  • Bushaltestelle Munzach: Diese ist derzeit noch nicht behinderten- und mobilitätsgerecht. Abklärungen wurden bereits getroffen, doch wegen der angespannten Finanzlage der Stadt ist die konkrete Umsetzung vorerst nicht vorgesehen.
  • Leitlinien für Sehbehinderte: Die Leitlinien vom Bahnhof Richtung Allee und Regierungsgebäude enden abrupt. Eine Verlängerung ist nicht vorgesehen, da im öffentlichen Raum auch alternative Orientierungsmöglichkeiten vorhanden seien.

Plastikverpackungen

Immer wieder kommt aus der Bevölkerung die Forderung, Plastikabfälle getrennt zu sammeln und zu recyceln. Auf den ersten Blick wirkt dies sinnvoll – bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass das Sammeln von Gemischtplastik heute kaum einen Umweltnutzen bringt. Die Verwertungsmöglichkeiten sind nach wie vor sehr eingeschränkt.

In Bern arbeitet der Bund derzeit an einem Gesetz, das die Firmen, die Plastik in den Umlauf bringen, verpflichtet, ihre Produkte zurückzunehmen. Erst wenn dieses System eingeführt ist, kann auch Liestal prüfen, ob eine öffentliche Sammlung von Plastikabfällen sinnvoll und effizient umgesetzt werden kann. Nach Einschätzung des kantonalen Amts für Umweltschutz und Energie könnte das frühestens im Jahr 2028 der Fall sein.

Der Stadtrat wartet diese Entwicklung bewusst ab und möchte sich nicht vorschnell an Anbieter binden, die heute geringe Konzessionszahlungen leisten, aber noch keinen echten ökologischen Mehrwert garantieren. Zudem ist fraglich, ob die Gemeinden nach der Einführung einer neuen nationalen Regelung überhaupt noch zuständig sein werden.

Natürlich hätten wir uns mehr erwartet. Es freut uns jedoch, dass das Thema auch beim Bund präsent ist, und wir hoffen, dass nun Bewegung in die Sache kommt. Ein Sammeln nur um des Sammelns willen – ohne Lösung, was mit dem Material geschieht – ist wenig sinnvoll.

Der Bericht wurde vom Einwohnerrat zur Kenntnis genommen und das Postulat verabschiedet.

Elterntaxi

Das Postulat «Elterntaxi» nimmt ein Problem auf, das wir in vielen Gemeinden kennen: Der Schulweg, eigentlich ein wichtiger Entwicklungsraum für Kinder, wird immer häufiger durch das Auto ersetzt.

Elterntaxis sind ein Phänomen unserer Zeit. Sie spiegeln einerseits die berechtigte Sorge der Eltern um die Sicherheit ihrer Kinder wider. Gleichzeitig zeigen sie aber auch eine Tendenz zur Überbehütung. Aus Angst vor dem Verkehr bringen Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule – und tragen paradoxerweise genau zu jenem hohen Verkehrsaufkommen bei, vor dem sie ihre Kinder eigentlich schützen wollen.

Im Zentrum muss für uns die Sicherheit der Kinder stehen. Deshalb ist es wichtig, dass der Stadtrat prüft, wie Halteverbote oder klar definierte Haltezonen rund um Schulhäuser zur Entlastung beitragen können. So schaffen wir sichere Rahmenbedingungen, die Kinder schützen und gleichzeitig den Schulweg als Lern- und Erlebnisraum erhalten.

Dass das Postulat mit einer deutlichen Mehrheit überwiesen wurde, ist ganz im Sinne der SP. Wir unterstützen den Vorstoss und danken dem Stadtrat für die sorgfältige Prüfung der verschiedenen Möglichkeiten.

Raumbedarf und flexible Arbeitsplätze

 Das Postulat «Reduktion des Raumbedarfs durch flexible Arbeitsplätze» greift ein hochaktuelles Thema auf. Der Bericht im Jahresprogramm 2025 zeigt deutlich, dass die Verwaltung im Rathaus an ihre räumlichen Grenzen stösst. Provisorische Lösungen wie zusätzliche Räume im Tenum oder im Rosenpavillon sind zwar kurzfristig sinnvoll, können aber keine nachhaltige Perspektive darstellen.

Gerade im Hinblick auf die finanzielle Lage der Stadt ist es wichtig, innovative Lösungen zu finden. Flexible Arbeitsmodelle ermöglichen nicht nur Einsparungen durch geringere Betriebskosten oder den Verzicht auf zusätzliche Anmietungen, sondern schaffen auch neue Chancen: etwa die Umnutzung oder Vermietung freiwerdender Flächen.

Wir begrüssen, dass der Stadtrat prüfen soll, welche flexiblen Arbeitsmodelle bereits bestehen, wie sie gezielt ausgebaut werden können und welche kurz-, mittel- und langfristigen finanziellen Entlastungen damit verbunden sind. Solche Ansätze helfen uns, die Stadtverwaltung zukunftsgerichtet aufzustellen – effizient, familienfreundlich und ressourcenschonend. Wichtig ist uns dabei, dass dies immer auf freiwilliger Basis geschieht und kein Homeoffice-Zwang besteht. Ebenso braucht es klare Richtlinien, damit die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit gewahrt bleibt.

Das Postulat wurde durch Präsidialentscheid aufgrund von Stimmengleichheit überwiesen.

Mit dieser Überweisung endete die Sitzung.

Ich hoffe, dass ihr durch diesen Brief einen guten Einblick in den Ratsbetrieb erhalten habt.

Solidarische Grüsse

Florian Abt

 

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