Brief aus dem Einwohnerrat

Gerne orientieren wir euch über die heutige Sitzung des Einwohnerrats Liestal und über unsere Versuche, als SP-Vertreter:innen dort unsere Anliegen einzubringen.

Heute wurde die Sitzung – nur noch teilweise im Corona-Modus – von zwei Themen beherrscht: Erstens von der Aufregung um das Parkplatzkonzept des Stadtrats respektive die Petition dagegen und zweitens von den Auseinandersetzungen mit den SBB rund um die Riesenbaustelle.

Parkraumkonzept

Der Stadtrat hat auf den 1. Mai hin einen Teil seines Parkraumkonzepts in Kraft gesetzt. Für die Parkplätze im innersten Stedtli wird die Gratisstunde abgeschafft. Diese Parkplätze sollen künftig für Kunden freistehen, die einen kurzen Einkauf oder eine andere kurze Verrichtung tätigen, beschränkt auf eine Stunde. Nicht mehr gratis, aber per App auf die Minute abrechenbar, so dass die Parkkosten also äusserst selten die vielkritisierte Höhe von vier Franken erreichen. Für etwas längere oder gar einen ganzen Tag dauernde Parkplatzbedürfnisse stehen andere oberirdische Parkplätze (z.B. in der Allee) und jede Menge Plätze in den ganz nahen Parkhäusern zur Verfügung. Das Ziel ist, das Stedtli als Einkaufs- und Geschäftszentrum attraktiver zu gestalten.
Dagegen laufen nun Petitionäre Sturm, die darin den Untergang des Abendlandes oder jedenfalls seines Zentrums, der Liestaler Innenstadt, sehen. Sie malen den Teufel an die Wand: Keine Kunden werden mehr nach Liestal kommen, alle Läden werden eingehen. In manchen Innerstadtgeschäften werden Unterschriften gesammelt und wird lautstark Stimmung gemacht. Mit unwahren Behauptungen. Es ist wieder das in Liestal sattsam bekannte Paradox zu beobachten: Leute, die vorgeben, die Interessen der Innerstadtgeschäfte zu vertreten, machen massiv Negativpropaganda und laufen damit Gefahr, uninformierte Kunden wirklich vom Einkaufen in Liestal abzuschrecken.

Stellungnahme Dani Muri

Stadtrat Dani Muri nahm zu Beginn der Sitzung dazu Stellung und zerlegte die vielen schlicht unwahren Behauptungen in der Petition in sehr deutlichen Worten. So betrifft das neue Konzept nur 97 oberirdische Parkplätze, durchaus nicht alle, und die übrigen der tausend Parkplätze in unmittelbarer Nähe der Innerstadtgeschäfte stehen für längeres Parkieren zur Verfügung.
Etwas peinlich war zu beobachten, wie sich die FDP in dieser Frage wand. Erfreulicherweise macht sie die Negativpropaganda, die sie früher im Einwohnerrat selbst betrieben hat, nicht mehr mit. Gleichzeitig wollte sie es offenbar mit den Wutbürgern aus den Geschäften doch nicht ganz verderben. Deshalb gab es eine längliche Erklärung, in der im Prinzip das Parkraumkonzept des Stadtrates für richtig befunden, aber dann doch rumgemäkelt wurde, das «Timing» sei halt «ungeschickt»: Man hätte diese richtigen Massnahmen einfach nicht jetzt, sondern offenbar irgendwann sonst (am Sankt Nimmerleinstag?) umsetzen müssen und man solle den Petitionären jetzt entgegenkommen, indem man zuerst das geplante, aber noch nicht ausgereifte Parkleitsystem realisieren müsse, bevor man die Gebühren und die Maximalverweildauer ändern dürfe.
Die anderen Fraktionen und interessanterweise sogar ein paar Freisinnige spendeten dagegen Dani Muri für seine klaren Worte Applaus.

Grossbaustelle rund um den Vierspurausbau

Die Grossbaustelle rund um den Vierspurausbau und den neuen Bahnhof bringt vermehrt Konflikte zwischen den Interessen Liestals und den Bauverantwortlichen der SBB zum Vorschein. So ist eine dringliche Motion hängig, die sich gegen Durchgangssperren von den Quartieren Sichtern, Munzach, Wiedenhub, Goldbrunnen Richtung Stedtli wendet, die insbesondere für gehbehinderte Personen unzumutbare Umwege zur Folge haben. Stadträtin Marie-Theres Beeler berichtete von weiteren Einschränkungen, welche die SBB-Verantwortlichen planen, mit denen der Stadtrat aber nicht einverstanden ist.

Wegfall von Schnellzugshalten in Liestal

Zu reden gaben auch der Wegfall von Schnellzugshalten in Liestal und die ständig neuen Bemühungen des Stadtrats, diese zu verhindern. Ein weiterer Konflikt bahnt sich an, weil der Einwohnerrat zusammen mit dem Stadtrat die Begrünung der vielen neuen Betonwände fordert (es geht um Bekämpfung der Hitzeentwicklung, Verhinderung von Schmierereien und nicht zuletzt um Aesthetik). Die SBB lehnen diese aber mit allen möglichen und unmöglichen Argumenten ab. Weiter sind sich Legislative wie Exekutive einig, dass sich die SBB an den Kosten für die Begrünung derjenigen Betonwände beteiligen müssen, die in den Besitz der Gemeinde übergehen, aber auch hier sträuben sich die SBB vorläufig.
Fast einig war man sich im Einwohnerrat auch darüber, dass man einen Teil der Betonwände in einem Projekt von jugendlichen (oder vielleicht auch etwas älteren) Spray- oder Malkünstlern gestalten lassen will. Auch hier wäre man froh, die SBB würden mitziehen. Einzig die SVP mochte sich nicht für diese Idee begeistern mit der Begründung, auch kunstvoll ausgeführte Wandbilder könnten mit unschönen Sprayereien zerstört werden.

Kantonales Projekt «Grüne Siedlung»

Auf ein Postulat aus allen Fraktionen hin beteiligt sich Liestal am kantonalen Projekt «Grüne Siedlung», das die öffentlichen Grünflächen ökologisch sinnvoll aufwerten will.

Quartierplan für das Ziegelhof-Gelände

Der neue Quartierplan für das Ziegelhof-Gelände wurde in zweiter Lesung von allen gutgeheissen. Ein früherer Quartierplan einer Investorengruppe (sagte man dem früher nicht Spekulanten?), in dem ein grosser Coop-Neubau versprochen wurde, ist nicht realisiert worden. Jetzt sind nach dem Rückzug der ursprünglichen «Investoren» lauter spannende Nutzungen geplant, unter anderem autofreies Wohnen. Die vorberatende Kommission beantragte zusätzliche Vorschriften für gedeckte, nahegelegene Velostandplätze mit Abschliessmöglichkeit, was widerspruchslos blieb. Anders ein FDP-Antrag, dass die Fussgängerverbindungen, namentlich vom Ziegelhof zum Zeughausplatz, nicht nur «in Absprache» mit dem Stadtrat realisiert werden sollen, sondern «der Zustimmung des Stadtrats» bedürfen. Laut Rechtsauskunft des Kantons werde eine solche Formulierung im Reglement vom Regierungsrat nicht bewilligt. Daniel Schwörer erklärte, dass er diese Rechtsauskunft nicht für richtig halte und man dann halt nötigenfalls das Kantonsgericht anrufen müsse. Es sei jedenfalls sinnvoll, die Auflagen in den Quartierplänen griffiger zu machen. Obschon wir von der SP das durchaus auch finden, wehrten wir uns dagegen, dass das jetzt ausgerechnet an diesem ökologisch ausgerichteten Quartierplan durchexerziert werden soll, was zu sehr unerfreulichen Verzögerungen führen könnte. Wir wurden hier aber überstimmt.

Bad Gitterli

Schliesslich waren wir Sozialdemokrat:innen die einzigen, die im Traktandum zum Bad Gitterli konsequent blieben. Die Finanzkommission beantragte angesichts der sehr hohen Kosten, die von Liestal getragen werden müssen, dass der Stadtrat auch eine Übergabe in eine andere Trägerschaft und eine Schliessung prüfen müsse. Einig waren sich alle, dass die anderen Gemeinden im Einzugsgebiet und der Kanton ihren Anteil an den Kosten auch übernehmen müssten (aber alle wissen, dass diese sich dagegen wehren werden). Und alle Fraktionen betonten bis zum Überdruss, dass sie die Schliessung nicht wollten, aber trotzdem untersuchen lassen möchten: Wie würde eine Schliessung ablaufen, welche Konsequenzen hätte sie? Einzig wir SP-Vertreter:innen haben uns, weil für uns eine Schliessung in keinem Fall in Frage kommt, dagegen gewehrt, dass eine Schliessung geprüft werden soll. Wir haben aber schon bei früheren Sitzungen sehen müssen, dass Konsequenz nicht unbedingt die Stärke des Einwohnerrats ist.

Für die SP-Fraktion – Bernhard Bonjour

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