Wir waren heute im ganzen Kanton unterwegs und haben für die Initiative Kinderbetreuung für alle Unterschriften gesammelt.
Heute wird der grösste Teil der Betreuungsarbeit von Frauen geleistet. Eine gebührenfreie Kinderbetreuung ermöglicht beiden Elternteilen gleichberechtigt erwerbstätig zu sein. Damit werden Familien mit tiefem Einkommen und v.a. Mittelstands-Familien entlastet, für die sich heute eine Kinderbetreuung wegen der hohen Betreuungsgebühren nicht lohnt.
Wie wird die gebührenfreie Kinderbetreuung finanziert?
Die Initiative fordert, dass die Kinderbetreuungskosten gemeinsam und solidarisch getragen werden. Die gebührenfreie Kinderbetreuung wird durch den Kanton und die Gemeinen über progressive Steuererträge finanziert. Damit werden die Kosten der Kinderbetreuung nicht
erhöht, sondern lediglich neu verteilt. Kinderbetreuungskosten fallen bereits heute an: Diese Kosten werden aktuell aber allergrösstenteils von den Frauen getragen, z.B. dadurch, dass sie eine über einen Drittel tiefere Rente erhalten, als Männer. Das führt dazu, dass 11 Prozent aller Frauen direkt beim Renteneintritt Ergänzungsleistungen beantragen müssen, um über die Runden zu kommen (https://www.sgb.ch/themen/sozialpolitik/frauenrenten). Und gerade diese Frauen betreuen dann im Pensionsalter häufig noch Kinder: Ein Drittel aller Kinder unter 13 Jahren wird durch die Grosseltern betreut, d.h. Grosseltern leisten jährlich 160 Millionen Stunden unbezahlte Arbeit. Es ist also grundfalsch, wenn gesagt wird, heute koste die Kinderbetreuung nichts. Wie wir diese Kosten – die sowieso anfallen – verteilen, ist eine politische Frage.
Längerfristig führt die flächendeckende Einführung einer gebührenfreien Kinderbetreuung zudem zu zusätzlichen Steuereinnahmen, da mehr Eltern, insbesondere Frauen, erwerbstätig bleiben. Wenn dank einem guten Kinderbetreuungsangebot mehr gut ausgebildete Frauen erwerbstätig bleiben, wird dadurch dem Fachkräftemangel entgegengewirkt, was wiederum der Wirtschaft zu Gute kommt und die Steuereinnahmen erhöht. Gesamtgesellschaftlich ist der Nutzen eines Platzes in der familienergänzenden Kinderbetreuung ca. drei
Mal so gross wie die dadurch anfallenden Kosten (https://ekff.admin.ch/fileadmin/user_upload/ekff/05dokumentation/d_09_Publ_Kinderbetreuung.pdf).
Weshalb sollen Familien mit hohem Einkommen oder Vermögen von der gebührenfreien Kinderbetreuung profitieren?
Wir möchten die Kinderbetreuung als Teil des Service Public organisieren. Leistungen des Service Public stehen allen gleichermassen zur Verfügung. Die Kosten für diese Leistungen sollen solidarisch von der Allgemeinheit getragen werden. Dazu haben wir ein progressives
Steuersystem. Zudem funktioniert unser Systeme so, z.B. die Volksschule oder die AHV: Alle profitieren im gleichen Ausmass davon. Die Reichen bezahlen aber mehr ein. Wir dürfen in der Kinderbetreuung die Gesellschaft nicht auseinander dividieren, sondern
müssen uns gemeinsam darum bemühen, diese solidarisch zu organisieren.
Wie wird sichergestellt, dass die Qualität der Betreuung gut und die Arbeitsbedingungen für die Angestellten fair sind?
Wir fordern mit unserer Initiative ein «qualitativ gutes und den neusten gesellschaftlichen Entwicklungen angepasstes Kinderbetreuungsangebot» und «faire Arbeitsbedingungen» für die Angestellten. Die Einhaltung dieser Vorgaben soll von einem kantonalen Amt kontrolliert
und sichergestellt werden. Für Kinder ist der Bezug zu ihren Eltern wichtig.
Wird durch die Einführung einer gebührenfreien Kinderbetreuung nicht das traditionelle Familienmodell konkurrenziert?
Mit unserer Initiative wollen wir die Familien allgemein stärken. Wer sich für ein traditionelles Familienmodell entscheidet, soll dies auch weiterhin ohne irgendwelche Nachteile tun können. Es ist allerdings eine Realität, dass für viele Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wichtig ist und sie dafür ein entsprechendes Betreuungsangebot benötigen. Für Familien mit einem geringen Einkommen ist es sogar eine Notwendigkeit, dass beide Elternteile arbeiten, da sie nicht vom Lohn eines Elternteils leben können. Diese Familien sind genauso auf eine qualitative hochstehende und gebührenfrei Kinderbetreuung angewiesen, wie alleinerziehende erwerbstätige Eltern. Hinzu kommt, dass oft die Grosseltern bei der Betreuung der Kinder helfen. Durch die gestiegene Mobilität können aber immer weniger Familien bei der Betreuung der Kinder auf die Unterstützung der Grosseltern hoffen. Auch sie sind auf ein Betreuungsangebot angewiesen. Es geht folglich nicht darum, das traditionelle Familienmodell zu konkurrenzieren, sondern Familien in ihrer Vielfalt zu stärken und die Betreuungsangebote an die Bedürfnissen der Gegenwart anzupassen.