Sozialhilfe – was bedeutet das eigentlich?

Zum Thema Sozialhilfe kann man viel Unwahres und auch Ungerechtes hören und lesen. Sehr oft wird vergessen, was für eine wichtige Funktion dieses letzte soziale Auffangnetz in unserer Gesellschaft hat.

Wäre sie nicht, wären viele Menschen in grosser Not. Wir alle wären im Alltag mit offener Armut und Elend konfrontiert. Sozialhilfe garantiert allen Menschen eine minimale Unterstützung und ein Leben in Würde, auch dann, wenn es nicht gelingt, für den eigenen Unterhalt alleine aufzukommen.
Es gäbe tatsächlich bessere und wirksamere Massnahmen als die Sozialhilfe in ihrer heutigen Form zur Bekämpfung der Armut. Das aktuelle System hat Mängel und müsste grundlegend verändert werden. Es ist schwerfällig, bürokratisch und führt sogar dazu, dass Einzelne nicht mehr herausfinden, wenn sie einmal darin gelandet sind. Viel effizienter wären bezahlbare Krankenkassenprämien, günstiger Wohnraum, gute und bezahlbare Kinderbetreuung, Aus- und Weiterbildung auf allen Ebenen … und überhaupt: anständige Mindestlöhne und Arbeitsbedingungen, damit alle eine Chance haben, sich selbstbestimmt durchs Leben zu bringen. Das sind aber alles Massnahmen, die weit über die Möglichkeiten einer einzelnen Gemeinde hinausgehen. Hier wären Kanton, Bund und Wirtschaft in der Pflicht.
In Liestal leben viele Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Die Gründe sind sehr unterschiedlich. Wer Sozialhilfe beantragt, hat keine andere Möglichkeit mehr. Die Sozialhilfebehörde diskutiert jeden Fall und achtet auf eine konsequente aber faire Fallbehandlung. Man kann es sich in der Sozialhilfe nicht bequem machen. Wer von der Sozialhilfe unterstützt wird, hat ganz klare Pflichten: kein Auto, minimale Wohn- und Lebenskosten, Offenlegung sämtlicher Finanzen und Einkünfte, Teilnahme am Arbeitsintegrationsprogramm, etc. Wer nicht kooperiert, wird sanktioniert. In einer solchen Situation haben Freiheit und Selbstbestimmung einen kleinen Raum.

Sozialhilfeabhängigkeit darf sich nicht in die Länge ziehen. Schlimmer als die materielle Armut ist nämlich Hoffnungslosigkeit und Resignation in der Abhängigkeit. Besonders tragisch wird es, wenn sich dies von den Eltern auf die Kinder überträgt. Das kann zum Teufelskreis werden. In diesem Zusammenhang spielen unsere Schulen eine sehr wichtige Rolle. Ziel für alle ist es, möglichst rasch auf die eigenen Beine zu kommen. Dafür gibt es Unterstützung in Form von Beratung und eines Arbeitsintegrationsprogramms (AIP). Auch Frauen mit Kindern müssen teilnehmen. Für die Betreuung der Kinder während der Abwesenheit wird gesorgt.

Im obligatorischen AIP werden die beruflichen Fähigkeiten und Möglichkeiten abgeklärt und ein individuelles Programm für die weiteren Schritte aufgegleist. Viele können in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Einige brauchen Umschulungen oder Weiterbildungen. Auch schrittweise Eingliederungen in strukturierte Arbeitsabläufe sind möglich. Das Arbeitsintegrationsprogramm wurde von der Sozialberatung Liestal zusammen mit dem Jugendsozialwerk BL erarbeitet. Nach einem guten Jahr Probelauf hat es sich so gut bewährt, dass der Kanton das «Liestaler Modell» für die Betreuung von Flüchtlingen übernommen hat.

Regula Nebiker
Stadträtin, Vorsteherin Departement Sicherheit und Soziales

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